Vorgeschmack auf Weltuntergang vor Almeria

Montag, 30. Mai 2011
5.45 Uhr Für Schichtarbeiter und Schlafgestörte dürfte das Leben an Bord der Nisi Ben Asi keine große Umstellung bedeuten. Für Menschen, die auch den Morgenschlaf genießen war das Auslaufen aus Aguilas kein Zuckerschlecken: Der Kapitän steht bei völliger Dunkelheit auf um Geschäfte zu erledigen, kommt wieder und hört Wasser plätschern, beseitigt die Ursache und kommt nicht wieder. Dafür geht die Maschine an und kurze Zeit später gleitet das Schiff durch den Hafen. Andere Menschen an Bord stehen zu diesem Zeitpunkt im Pyjama beim Zähneputzen und hofften auf ein ruhiges Frühstück mit Hafenblick. Dieses findet zwar in gewohnter, reichaltiger Qualität statt, aber auf recht bewegtem Wasser. Fazit: Interessierte Mitsegler sollten – wenn sie solche Erlebnisse vermeiden wollen – ihre Flugbuchungen überdenken.
Dieser Satz und, daß am 30. Mai der Weltuntergang ist, sollte noch für den Tag verhängnisvoll werden!!!
Also Peter wurde nach dem Frühstück alsbald wieder rückenlahm ins Bett geschickt. Niels machte Strecke: Motor 1800 Umdrehungen, Groß stützend, Wind von vorne mit den angesagten 3 – 4 Richtung Cabo Gata. Das Cockpit wurde gereinigt und poliert, bis ein Gewitter mit etwas Regen die Schönheitsarbeiten beendete.
Nach Cabo Gata freuten wir uns auf schönen Segelwind. Stattdessen nahm der Wind erheblich zu und auch die angesagte Richtung änderte sich immer gegen uns. Wir kamen mühselig mit Maschine und gerefftem Groß, teilweise mit 2,5 Knoten und stampfend wie verrückt um das Cap. Die Wellen (Peter meint so große hatte er noch nie) fegten über das Deck. In der Kajüte entwickelte sich ein Eigenleben,die Schränke gingen auf, Gläser zerbrachen und Salzwasser suchte seinen Weg durch die Luken. Dauernd unter dem Cap und nahe der Küste kämpften wir um Höhe. Mehrmals mußten wir unter Maschine kreuzen, was die Fahrt erheblich verlängerte. Endlich, die letzten 2 Stunden vor Almeria konnten wir bei Windstarke 6 – 7 segeln und den Motor ausstellen. Das Mittagessen war sturmgerecht, Tütensuppe und von Peter heldenhaft angebratete Bouletten. Gegen 17 Uhr hatte Niels die Nase voll und die Seekrankheit setzte bei ihm ein.
Um 18. uhr sollte es eigentlich Kottelette mit Erbsen und Kartoffeln bequem im Hafen geben, stattdessen opferte Niels. Wieder einsatzfähig wollte er den Motor für schnellere Reise starten und

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passierte. Hart am Wind kam die Untiefentonne auf uns zu. Erster Versuch durch Niels: Überbrücken der Batterien, kein Erfolg. Zweiter Versuch: Peter vergißt seinen Rücken und das aufkommende Unwohlsein, stellt das Schiff back, kämpft sich im Maschinenraum zum Anlasser durch und findet ein abgebrochenes Kabel am Anlasser. Trotz Ranhalten und schraubenziehertricks, kein Muck. Es muß was Schlimmeres mit dem Anlasser sein. Keine Chance den Motor zu starten. Alle Strategien werden durchdacht und diskutiert.
Wind immer noch auflandig bei 6 Bft. Rein in den unbekannten Hafen segeln und mittendrin ankern?
Wieder raus aufs wilde Meer und die Nacht durchsegeln, da es jetzt schon dunkel wird?
Draußen neben zwei Tankern unter Land im rauhen Wasser ankern? Um 20 Uhr entschließen wir uns über Funk Anlegehilfe anzufordern. Trotz dreier Funkgeräte war das eine Geschichte für sich. Wir hatten das Gefühl, mit wenig profihaften Menschen zu kommunizieren. “habla Espanol porfavor”! 5 x wurde gefragt wie lang das Schiff ist, dann immer wieder keine weitere Meldung. Wir kreuzen bis 11 Uhr vor der Hafeneinfahrt und hoffen immer, daß ein Motorboot kommt. Nichts passiert, also neue Strategie: bei den Tankern vor Anker.
Plötzlich um 23.45 auf dem Weg zum Ankerplatz, meldet sich in verständlichem Englisch die spanische Seenotrettung und bieten uns Hilfe an. Jetzt geht alles flott, wir funken wie frisch gelernt, segeln Richtung Hafen, ein schickes Rettungsboot hat uns 10 Minuten später am Haken und bringt uns profihaft in den Fährhafen an die Kaimauer. Noch eine Stunde spanische Formalitäten mit:
Rettungsdienst Protokoll und Rechnung Euro 120 am nächsten Morgen Guardia Civil Protokoll und Schiffsdaten für den Seenotfall Policia Local für die Embarcation (Einwanderung) Hafenbehörde für die Liegeplatzgebühr (Euro 22,–)

Dann sinken wir todmüde ins Bett.
75 sm (motort 13 std)